Samstag, 31. Juli 2010

Spurensuche in Locarno

Das internationale Filmfestival und der Leopard, sein Wahrzeichen, werden auch in diesem Jahr wieder ihre Spuren in der Stadt- und Medienlandschaft hinterlassen, wozu wir mit diesem Blog selbst ein wenig beitragen wollen. Zehn Tage lang wird sich das beschauliche Locarno in ein Zentrum florierender Filmkultur verwandeln: Etablierte Regisseur_innen der Gegenwart präsentieren ihre Werke und neue Talente werfen mit ihren vertretenen Beiträgen eventuell schon Schatten einer zukünftigen Karriere voraus, um eines Tages vielleicht selbst Filmgeschichte zu schreiben. Zeichen einer lebendigen Filmgeschichte sind für Olivier Père (künstlerischer Leiter) laut Pressemappe unter anderem Retrospektiven, die den Ursprüngen des heutigen Films nach- und über die bloße Vorführung des Werkes bestimmter Filmemacher_innen hinausgehen.



Ernst Lubitsch mit Pola Negri, ca. 1922. Ross Film Sterne. Quelle: pardo.ch

In Zusammenarbeit mit der Cinémathèque française und der Cinémathèque suisse widmet sich die diesjährige große Retrospektive des Festivals dem jüdisch-stämmigen Regisseur Ernst Lubitsch und umfasst zunächst einmal alle seine noch erhaltenen (48 an der Zahl!) sowie zwei nach seinem Tod von Otto Preminger vollendeten Filme (CLUNY BROWN, USA, 1946 und THAT LADY IN ERMINE, USA, 1948) im 35-mm-Format. Sie stammen sowohl aus seiner deutschen als auch amerikanischen Schaffensperiode, wobei gleichermaßen Stumm- als auch Tonfilme vertreten sein werden. Besonderes Schmankerl dürfte die neu angefertigte Kopie des nicht unumstrittenen Lubitsch Klassikers TO BE OR NOT TO BE (USA, 1942) sein, die auf der Piazza Grande zur Aufführung kommen wird.

Ganz im Zeichen der von Père angestrebten Konzeption des Festivals als einer Art Werkstätte, die Austausch und Begegnung von Publikum, Filmschaffenden und Kritiker_innen fördern soll, will das Festival außerdem versuchen, das Werk Lubitschs mit Hilfe eines Rahmenprogramms in der Filmwelt zu verorten: Eine Reihe von Regisseur_innen und Kritiker_innen wird neben Kurator Joseph McBride persönliche Einführungen zu den Filmen geben. Letzterer wird auch an einer Podiumsdiskussion (12. August, 10:30 Uhr, Forum) mit Filmkritiker und Autor Jean Douchet teilnehmen. Zudem reihen sich sogar zwei filmische Beiträge in die Auseinandersetzung mit dem „Meister der Komödien“ ein (ERNST LUBITSCH IN BERLIN, R. Fischer, D, 2006 und LUBITSCH, LE PATRON, J. Bernard und D. Sauvage, F, 2010).

Eine besondere Ehre wird dem Festival durch den Besuch von Lubitschs Tochter Nicola zu Teil werden, die sich für einen Abend auf der Piazza Grande angekündigt hat. Die damit geschaffene Plattform ermöglicht hoffentlich einen regen Austausch über das Oeuvre des Regisseurs, das vor allem durch seinen Humor und innovativen Umgang mit Technik geprägt ist. Denn selbst die leichtfüßigsten Komödien, die einen Großteil seines Schaffens ausmachen, haben dank dem berühmt gewordenen „Lubitsch Touch“ sicherlich ihre Spuren in der Filmgeschichte hinterlassen.

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