Samstag, 14. August 2010

Jour sans joie

Ein Tag ohne Freude – trist, grau, bedrückend. Was das Publikum in dem fünfzehnminütigen Kurzspielfilm Jour sans joie von Nicolas Roy erwartet ist jedoch weit mehr als freudlos.

François und seine Frau Sophie fahren in ihrem heruntergekommenen Auto durch die herbstliche Einöde. Sie sind auf dem Weg zur Beerdigung von François‘ Mutter. Die Stimmung zwischen den Beiden ist angespannt und gereizt. Dennoch versuchen sie sich einander anzunähern, wollen einander verstehen und verstanden werden. Während Sophie bemüht ist, Zugang zu François‘ Gefühlen zu finden, erhofft sich dieser verzweifelt Trost durch körperliche Nähe. Als er seine Frau zum Sex auf der Toilette einer Tankstelle zwingen will, eskaliert die Situation und endet beinahe in einer Vergewaltigung. Zurück auf der Straße gibt sich das Paar jedoch schon bald wieder versöhnlich. Man hofft auf bessere Zeiten, auf das Ende dieses freudlosen Tages. Doch dazu kommt es nicht. Völlig unvermittelt haben die beiden einen schweren Autounfall. Sophie liegt tot auf dem Asphalt. François bricht zusammen und erschlägt schließlich den Fahrer des anderen Wagens, als dieser sich vom Unfallort entfernen will.

Mit Jour sans joie ist dem Regisseur ein schmerzhaftes Drama in Kurzform gelungen. Das Close-up als nahezu einzige verwendete Einstellungsgröße gestattet dem Publikum zu keiner Zeit Abstand von dem Geschehen in und um den engen Raum des Autos zu nehmen. Dies in Verbindung mit einer unruhigen Handkameraästhetik erzeugt mit wenigen Mitteln eine stickige, erdrückende Atmosphäre, die sowohl den Figuren, als auch dem Publikum kaum Luft zum Atmen lässt. Francois und Sophie sind physisch ganz nah beieinander und doch unfähig, einander Trost zu spenden. Dieser wird auch dem Publikum verwehrt: Blasse Farben, karge und leblos wirkende Landschaften – Tristesse und Trostlosigkeit soweit das Auge reicht. Selbst das Autoradio muss in dieser Umgebung nach wenigen Minuten verstummen. Trotz der visuellen Nähe zwischen den Protagonisten und dem Publikum erhält Letzteres kaum Einblick in die Figuren und wird so zum Ende des Films recht rat- und hilflos mit einem Gefühl der Beklommenheit zurück gelassen.(lm)

Jour sans joie, Nicolas Roy, Canada, 2009, 15‘

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