Dienstag, 17. August 2010

SOMMERVÖGEL

Res, der gerade eine Gefängnisstrafe verbüßt hat, wird von seiner Bekannten Bea auf ihrem Campingplatz als Campingwart und „Allrounder“ eingestellt. Dort trifft er auf Greta, eine 33-jährige Frau, die geistig behindert ist. Durch Ihre Behinderung verhält sie sich kindhaft, aber auch geradlinig und direkt. Sie wird ebenfalls – als seine Mitarbeiterin- auf diesem Campingplatz eingestellt und verliebt sich in ihn. Res, ein hartgesottener Biker, wehrt ihre Annäherungsversuche zunächst ab, was nicht nur an den gesellschaftlichen Normen und den Barrieren im Umfeld liegt, sondern auch an seinen eigenen Blockaden. Dennoch knackt Greta durch ihre naive, liebenswerte und natürliche Art, Res harte Schale.

Auffällig in diesem Film sind die verschiedenen Charakterkonstellationen. Nicht nur Res und Greta fallen als besondere Figuren auf. Erfrischend sind ebenfalls die Eigenschaften der Nebencharaktere. Auch wenn die Nebenfiguren den beiden Hauptdarstellern aufgrund der vorherrschenden Problematik ihrer möglichen Beziehung schon mal Steine in den Weg legen, sind alle sehr einfühlsam mit Greta. Res hingegen stößt zunächst auf Ablehnung unter den anderen Campern, die im Verlauf des Filmes jedoch abnimmt, je mehr sich das Verhältnis zwischen ihm und Greta bessert. Durch sie lässt auch Res eine liebenswerte und manchmal auch schon kindliche Seite durchschimmern.
Die Art und Weise, wie Greta sich mit Res anfreundet, erinnert an das Verhalten von Kindern, die sich kennenlernen. Sie tollen herum, streiten sich um Nichtigkeiten, vertragen sich aber auch schnell wieder und die Welt scheint wieder in Ordnung zu sein. Dies übermittelt dem Publikum ein Bild von Leichtigkeit und Echtheit, was an die eigene Kindheit erinnern kann. Charmant sind auch die Dialoge in SOMMERVÖGEL, da sie eben genau diese Natürlichkeit wiederspiegeln.
Dennoch wird hier auch ein Zwiespalt deutlich, den die Zuschauer_innen mit den Nebenfiguren teilen. Zum einen das Gefühl, Greta aufgrund ihrer kindlich naiven Art und ihrer Behinderung schützen zu wollen, zum Anderen möchte man sie als erwachsene Person ernst nehmen und ihre Anliegen unterstützen, womit insbesondere Gretas Mutter ein Problem hat, da es ihr unmöglich ist, loszulassen. Dies wird auch immer wieder im Elternhaus deutlich, wenn z.B. Greta ihr Zimmer pink streichen will und ihre Mutter ihr entgegnet, sie sei kein kleines Kind mehr, andererseits aber überbehütet und ihre Privatsphäre einschränkt.
Dieser Film ist eine erfrischende Sommerkomödie, die auf eine besonders warmherzige, spielerische Weise mit dem Thema umgeht, in wieweit ein Mensch mit einer solchen Behinderung das Recht hat, selbstbestimmt zu leben, aber auch Liebe und Sexualität zu erfahren.
Amüsant und liebevoll inszeniert, regt dieser Film das Publikum nicht nur zum Nachdenken an, sondern entlässt es auch freudig und tief berührt aus dem Kino. (Van/ JT)
SOMMERVÖGEL, Schweiz, 2010, 96 Minuten, Regie: Paul Riniker
Mit: Sabine Timoteo, Roeland Wiesnekker, AnnaThalbach, Dorothée Müggler, Herbert Leiser, Patricia Litten

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